Projekt BIG: Bekämpfung von Infektionskrankheiten im Gefängnis
Nov. 2011International
Gesundheit und Freiheitsentzug. Studien zeigen, dass Inhaftierte häufiger von Infektionskrankheiten betroffen sind als die Gesamtbevölkerung. Das Projekt BIG – Bekämpfung von Infektionskrankheiten im Gefängnis – soll die Gesundheitsversorgung in Freiheitsentzug derjenigen der Aussenwelt angleichen.
Dieses Projekt wurde im Sommer 2008 vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeinsam mit dem Bundesamt für Justiz und der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren lanciert. Das Hauptziel ist, wirksame und nachhaltige Antworten auf die häufigsten übertragbaren Krankheiten zu erarbeiten, deren Prävalenz im Gefängnis weit höher ist als draussen (HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen, Hepatitiden und Tuberkulose, manche davon durch intravenösen Drogenkonsum verursacht).
Auf der Basis einer Analyse der Lücken und Bedürfnisse wurden vier Arbeitsfelder definiert:
1. Surveillance und epidemiologische Datenerhebung bezüglich der Situation im Freiheitsentzug.
2. Information und Schulung der verschiedenen Akteure im Gefängnis.
3. Prävention, Testung und Behandlung von infektiösen Krankheiten.
4. Strukturelle Rahmenbedingungen, die die Umsetzung der Ziele von BIG fördern.
Die Massnahmen in diesen vier Arbeitsfeldern sind folgende:
1. Das obligatorische Meldesystem für Infektionskrankheiten des BAG wird angepasst.
2. Informationsbroschüren für Insassen und Gefängnismitarbeiter werden entwickelt. Bildungsmodule zu BIG wurden erstellt und werden in einem Pilotkanton getestet und evaluiert. Das Schweizerische Ausbildungszentrum für das Strafvollzugpersonal in Freiburg hat sich den Gesundheitsfragen geöffnet. Ausserdem wird die Entwicklung eines e-Learning-Tools in Betracht gezogen, das auf Gefängnisärzte ausgerichtet ist.
3. Um die medizinische Versorgung der Insassen zu harmonisieren, aber auch um die Rollen der verschiedenen Akteure klarzustellen, wurde ein Vademecum entwickelt. Es wird in allen schweizerischen Gefängnissen verfügbar sein. Die standardisierten Eintrittsfragebogen, die bei Aufnahme der Insassen auszufüllen sind, werden um ein elektronisches Evaluationsinstrument ergänzt, um die eingegangenen Infektionsrisiken zu erfassen.
4. Durch juristische Gutachten wurden die Zuständigkeiten des Bundes und der Kantone geklärt. In einem Rechtsgutachten wurde ausserdem das Thema Sprachbarrieren und deren negative Konsequenzen auf die Gesundheit der Insassen analysiert. Ein nationaler Telefon-Dolmetschdienst steht den Gesundheitsverantwortlichen seit April 2011 zur Verfügung.
Das Projekt BIG soll nachhaltig in einem «Schweizerischen Kompetenzzentrum für Gesundheitsfragen im Justizvollzug» verankert werden. Dieses Zentrum soll den Dialog zwischen den Vertretern von Gesundheit und Justiz fördern und als eine gemeinsame Plattform für Informationen, Schulungen und Kommunikation dienen.
Contact
Karen Klaue, Sektion Prävention und Promotion, karen.klaue@bag.admin.ch